Nachbarrecht, mögliche Einsprüche bei § 34 Bauverfahren
Aus gegebenem Anlass bei verschiedenen derzeitigen Bauprojekten in Überlingen möchten wir die Bürger auf die Einspruchsmöglichkeit gegen Nachbarbauwerke hinweisen, wenn sie sich „betroffen“ fühlen.
Es besteht häufig die Ansicht, dass nur sog. „Angrenzer“ bei geplanten Bauvorhaben ein Recht auf Einspruch gegen diese neuen Baukomplexe hätten. Dem ist nicht so. In der Landesbauordnung § 55 Nachbarbeteiligung, Abs. 1, Ziffer 2 wird ausgeführt: Die Stadt „kann auch sonstige Eigentümer benachbarter Grundstücke (sonstige Nachbarn), deren öffentlichrechtlich geschützte nachbarschaftliche Belange berührt sein können… benachrichtigen“.
Von dieser „Kann-Bestimmung“ wird jedoch wenig Gebrauch gemacht.
Vielmehr sind die Bürger selbst aufgefordert, wenn ein Gebäude in ihrer Nachbarschaft längere Zeit leer
steht oder bereits abgebrochen wird, beim Baurechtsamt der Stadt ihr Interesse –was wird hier für ein Gebäude geplant- zu äußern, um dann im Falle einer Bauvoranfrage oder eines Baugesuches von der Stadt benachrichtigt zu werden.
In der Benachrichtigung von der Stadt werden Sie dann aufgefordert folgende Frage zu beantworten: „Fügt sich das Bauvorhaben nach § 34 BauGB (Baugesetzbuch) in die Eigenart der näheren Umgebung ein?“
Die Beantwortung dieser Frage darf nicht schnell mal mit einem Satz per E-Mail beantwortet werden, sondern bedarf einer eingehenden persönlichen Begründung ihrer direkten Betroffenheit an diesem geplanten Bauvorhaben. Das Baurechtsamt der Stadt hat uns dazu folgenden Wortlaut übermittelt:
„Die Beantwortung dieser grundsätzlichen Fragen beruht auf klaren gesetzlichen Vorgaben der Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO), insbesondere § 55 LBO. Insofern ist auch kein Vergleich zwischen formellen Anforderungen der Verfahren der Bauleitplanung (Abt. Stadtplanung) und der baurechtlichen Antragsverfahren (SG Baurecht) möglich. Eine Baurechtsbehörde übt staatliche, hoheitliche Tätigkeiten aus. Während die Abt. Stadtplanung gemeindliche Aufgaben im Sinne der kommunalen Planungshoheit wahrnimmt (= Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung). Bei der Behandlung von Einwendungen in baurechtlichen Verfahren kommt es generell nicht auf Quantität sondern auf Qualität an. Grundsätzlich sind nur öffentlich-rechtliche Einwendungen rechtserheblich. Aus den Einwendungen muss ferner ersichtlich sein, welches seiner Rechtsgüter der Nachbar als gefährdet ansieht. Dieses Rechtsgut muss bezeichnet und zumindest grob die befürchteten Beeinträchtigungen dargelegt werden. Die direkte Betroffenheit muss thematisiert werden. Diese Voraussetzungen sind in untenstehender Mail zweifelsfrei nicht gegeben. Es ist grundsätzlich auch nicht Aufgabe der Nachbarn innerhalb baurechtlicher Verfahren Belange der städtebaulichen Entwicklung einer Gemeinde zu beurteilen (Planungshoheit siehe oben). Einwendungen haben schließlich nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn eine eigenständige Verletzung von Nachbarrechten vorliegt.“
In diesem Sinne wünschen wir uns in Zukunft mehr bürgerschaftliches Engagement der „Sonstigen Nachbarn“ um die vielen negativen Beispiele von „Flachdacheinheitsbauwerken“ mit Penthouse in unserer bisher vielfältigen Überlinger Gebäudelandschaft einzuschränken. Einsprüche nur gegen ein Flachdach haben jedoch keinen Erfolg.
Joachim Betten; Bürgersinn e.V. Überlingen
Wenn Sie mit uns über dieses Thema diskutieren wollen, so treffen Sie uns beim Stammtisch am Freitag, den 24.03.2017 um 19:00 Uhr im Küferstüble des Spitalkellers in Überlingen.
Nachbarrecht - Einspruchmöglichkeiten
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